Kleines Medienintro: Podcast von Bayern 3 mit Diashow

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So stark sind Worte: Mit Texten Autos stoppen

Eine Aktion mit Brief, Flyer, Pressearbeit und den richtigen Menschen zur rechten Zeit

Geht das? Mit wenigen Worten viele Autos verscheuchen? Mit einem Flyer den Verkehr eindämmen? Ein Versuch war es wert, also startete die Textekiste im April 2016 den Versuch.

Flyer ZeichnungJeden Morgen das gleiche Chaos: Rangierende Autos, wildes Wenden, plötzliches Halten in zweiter Reihe und zwischendrin jede Menge Schulkinder. Als passionierte Fahrradfahrerin sah ich eins meiner Kinder jeden Tag in diesem Blechgewimmel verschwinden – und irgendwann schwarz.

Was konnte ich tun, um den Schulweg abzusichern? Mich vor fahrende Autos werfen? Ebenfalls in Auto steigen, um einen Stahlpuffer zwischen Kind und Verkehr einzubauen?

Für die Textekiste heißt die Waffe der Wahl stets: Die richtigen Worte finden. Ein spontan getippter Brief, der an einem besonders chaotischen Schulwegsmorgen entstand, ging an ‘die Herren der Schulwege’, sprich an den Verkehrsbeauftragen im Rathaus, den Verkehrsbeauftragten bei der örtlichen Polizei und die Schulleitung.

Eigentlich hätte die Geschichte hier auch direkt wieder enden können. Tat sie aber nicht. Im Gegenteil: Diese E-Mail war nur der Anfang.

Konstruktiv muss es sein

Dass sich etwas bewegte, lag vielleicht auch an den konkreten Vorschlägen, dic ich in dem Brief geliefert hatte, darunter zum Beispiel:

  • Einrichtung von speziellen Haltezonen für Elterntaxis,
  • Verzeichnung der Haltestellen und der Verbotszonen in einer Karte,
  • Erstellung eines Flyers, der die Karte beinhaltet und über Vorteile des sicheren Schulwegs informiert,
  • Einspannen der Schüler als Botschafter (denn wer könnte besser Einfluss nehmen auf Eltern?!),
  • Aktionswoche rund um die Schule mit Plakaten,
  • Belohnungen für richtig aussteigende Schüler,
  • begleitende Pressearbeit.

Der Ball kam schneller ins Rollen als geahnt. Es fanden Gespräche statt und Ortsbesichtigungen, Beratungen und Beschlüsse im Stadtrat. Parallel bereiteten die Schulleitung und ich eine Aktion mit den Schülern vor. Der Ball rollte wirklich! Ein neues Halteverbotsschild an der kritischsten Kreuzung war bald kurz vor dem Anschrauben. Währenddessen kümmerte ich mich um Flyer, Karte und Pressearbeit.

Die Karte

Katasterkarte in RohformEine Umgebungskarte beim Katasteramt war schnell besorgt. Beim Anlegen der neuen Karte war eine kindgerechte Aufmachung angemessen. Schließlich handelt es sich bei der Hauptzielgruppe um Erst- bis Viertklässler samt ihrer Eltern.

 

 

 

 

Wichtigstes Element der neuen Karte: Die eingezeichneten Haltepunkte für Elterntaxis. Denn ein zentrales Element („Nicht einfach nur meckern!“) war es ja, konstruktive Vorschläge zu machen. Also kennzeichnen grüne Flächen diejenigen Stellen, an denen die Autofahrer besser halten könnten. Und dazu noch als Trampelpfade die Fußwege der Kinder.

 Schulweg Lageplan Haltepunkte ElterntaxisDer Flyer

Die Umgebungskarte war das zentrale Element des Flyers, den ich für alle Kinder und Eltern der Schule erstellte. Dazu kamen noch die folgenden Punkte:

  • aufklärende und appellierende Kurztexte,
  • O-Töne von Kindern, Schulleitung und Polizei,
  • echtes Coverfoto (also kein Stockfoto).

 

Multiplikatoren Teil I: Kinder

Arbeitsblatt SchulwegDieser Teil war der Wichtigste der gesamten Aktion: Die Kinder sollten mit ins Boot und als Multiplikatoren wirken. Auf wen hören Eltern? Wiederholte Hinweise in Schulbriefen der Schulleitung waren jedenfalls erfolglos geblieben. Aber wenn die Kinder selbst von der Rückbank aus den fahrenden Eltern erklären würden, wo sie halten dürfen, müsste das doch wirken! Und zahlreiche weitere Kinder weisen von außen den Weg.

An zwei Tage lief ich durch alle Klassen der Schule und erklärte den Kindern Sinn und Umstände der Aktion. Gewappnet war ich mit einem groß ausgedruckten Plan, den auch die Erstklässler mit ein wenig Unterstützung Flyer Schulweg Web_Seite_1lesen konnten. Auf einer Schwarz-Weiß-Kopie konnten die Schülerinnen und Schüler ihren Weg einzeichnen. Viele Kinder erzählten mir, dass sie durch die Autos wirklich Schwierigkeiten haben auf ihrem Schulweg.

Die Kinder erhielten nun den Auftrag, den Flyer mit ihren Eltern gemeinsam anzuschauen und den besten Haltepunkt für sich selbst auszumachen. Und alle wussten nun Bescheid, dass ab dem kommenden Montag das neue, richtige Anhalten geübt werden würde.

Multiplikatoren Teil II: Presse

Zu einer guten Aktion gehört natürlich Pressearbeit.

Erste Pressemitteilung über Hintergründe und Ankündigung

Eine Pressmitteilung an die Lokalpresse, die einige Tage vor dem Start der Aktionstage an die Lokalredaktionen ging, beeinhaltete die folgenden Elemente:

  • Informationen über die Aktion
  • Hintergründe
  • O-Töne von Haupt-Akteuren, also in diesem Fall Schulleitung und Polizei
  • ein oder zwei gute Fotos (in diesem Fall war es ein „Blick hinter die Kulissen“: Die Schülerinnen und Schüler malten Schilder und bereiteten die Aktionswoche vor

Nachtelefonieren ist auch wichtig. Mit der Redaktionsleitung ins Gespräch kommen, das Interesse wecken, weitere Hintergründe schildern und dann wie in diesem Fall überrascht feststellen, dass einige Infos aus dem Telefonat direkt in den Artikel rüberwandern.

Weitere Pressemitteilung mit erstem Fazit zum Start der Aktion

Direkt am ersten Tag schickte ich eine weitere Pressemitteilung an die Redaktion. Wichtigste Elemente:

  • Erste Erfolge,
  • weitere Zitate und
  • aktuelle Fotos vom Ort des Geschehens.

Natürlich muss sie so zeitnah wie möglich verschickt werden. Und Bingo: Erneut brachte die Zeitung die Pressemitteilung.

Gruppenfoto Aktion Schilder verpixeltAchtung: Bildrechte!

Nicht zu unterschätzen ist die Frage der Bildrechte! Sind die Abgebildeten damit einverstanden, dass sie unter Umständen in der Zeitung erscheinen? Bei Kindern muss das schriftliche Einverständnis der Eltern vorliegen. In unserem Fall hatte die Schulleitung eigens eine Information an die Eltern versandt und schriftliche Einverständniserklärungen angefordert – zusätzlich zu den Berechtigungen, die jeder bei der Einschulung unterschreibt. Wegen der sensiblen Bildrechte habe ich in diesem Blogbeitrag die Gesichter der Kinder mit Photoshop verpixelt.

Aktion Einzelporträt mit FlyerDie Aktion

Zwei Wochen lang stellten sich die wackeren Schülerinnen und Schüler jeden Morgen mit ihren Schildern und Flyern vor die Schule und forderten gut gelaunt und freundlich die Elterntaxis zum richtigen Halten auf. Klasse! Da kam richtig Bewegung in die Idee!

Die Reaktionen waren fast durchweg positiv. Das lag sicherlich auch daran, dass die Kinder so freundlich agierten. Großes Kompliment! Wichtige Unterstützer waren Schulleitung und Polizei – die Präsenz machte Eindruck. Zwei Wochen lang stand Schulleiter Theodor Doerfler jeden Morgen vor der Schule. Respekt! Und auch der örtliche Verkehrsbeauftragte der Polizei erschien beinahe jeden Vormittag. Toll!

Dazu kamen wiederholt Pressevertreter (siehe unten). Insgesamt erfreulich gute Stimmung, positive Resonanz und hoffentlich ein nachhaltig sicherer Schulweg.

Die Aktion in der Presse

Presse Augsburger AllgemeineDas Presseecho fiel sehr gut aus. Der zuständige Redaktionsleiter baute die Pressemitteilung noch weiter aus, indem er weitere Akteure um ein Statement bat und auf die Vorgeschichte Bezug nahm. Die Fotos, die ich mitgeschickt hatte, verwendete er ebenfalls. Ich hatte extra Bilder ausgewählt, die meiner Meinung nach „ziehen“ mussten:

  • Charakter „Blick hinter die Kulissen“,
  • Prominenter Gegenstand im Vordergrund und
  • Blick in die Kamera.

Auch zum Start der Aktion erschien ein Artikel im Schwabmünchner Teil der Augsburger Allgemeinen.

Presse Augsburger Allgemeine 2Hier die Links zu der Berichterstattung in der Augsburger Allgemeinen

Kinder verbannen Elterntaxis von der Schule

Kinder überwachen Halteverbot

Das Radio war auch da – super!

Ein Radiointerview entstand am 10. Mai 2016 direkt vor der Schule. Die Reporterin fing O-Töne von der Schulleitung, von Eltern und Schülern ein.

Und hier beim Bayerischen Rundfunk

Bericht “Sicherer Schulweg in Bobingen” auf der Website des Bayerischen Rundfunks

Und hier eine Bilderstrecke zur Elterntaxis in Bobingen beim BR

Fazit: So kann eine konzertierte Aktion gelingen

Die wichtigsten Zutaten

  • ein konstruktiver Brief an die verantwortlichen Stellen (Stadtverwaltung, Schulleitung, Polizei),
  • konkrete Vorschläge und durchführbare Ideen,
  • ein zielgruppengerecht aufbereiteter Straßenplan mit spezifischen Einträgen,
  • ein Flyer mit Infos und Appellen,
  • Öffentlichkeitsarbeit mit mehreren Pressemitteilungen,
  • mehrtägige Aktion mit Schildern mit den wichtigsten Botschaftern überhaupt – den Schülerinnen und Schülern.

Ohne diese Mitwirkenden geht gar nichts (ein ganz großes Dankeschön!)

  • engagierte Schulleitung,
  • bürgernahe Stadtverwaltung,
  • kooperative Polizeibehörde,
  • begeisterungsfähige Schülerinnen und Schüler
  • unterstützendes Lehrerkollegium,
  • wohlwollende Eltern,
  • aktive Pressevertreterinnen und -vertreter.

Mit E-Mail, Flyer, Pressearbeit zum Ziel

Alles in allem lief die Aktion wirklich gut. Eine konstruktive E-Mail und die richtigen Leute zur richtigen Zeit, ein Flyer, ein Einbeziehen der passenden Multiplikatoren (Kinder! Presse!) kann tatsächlich etwas bewegen. Die nächsten Wochen werden zeigen, ob der Schulweg auch auf Dauer sicherer wird.